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Ist «Hybrid Shopping» die Zukunft des Einkaufens?

Volt News
04.11.2022 Lesezeit: 5 Minute(n)
Hybrid Shopping: Wie wir in Zukunft einkaufen

Darum geht’s

  • Online vs. Offline. E-Commerce vs. Einzelhandel. Ausgerechnet ein Online-Gigant möchte diese Narrative ändern.
  • Amazon hat nicht nur eines, sondern gleich mehrere Konzepte für stationäre Geschäfte entwickelt und bereits erste Geschäfte eröffnet.
  • Hybrid Shopping heisst das Modell, in welchem Onlineshops und der Einzelhandel verschmelzen und gemeinsam die Zukunft des Einkaufens zu prägen.

Klick für Klick füllen wir unseren virtuellen Einkaufskorb. Elektronik, Kleidung, Lebensmittel und sogar Möbel lassen sich so bequem wie noch nie bestellen. Kein Wunder, dass Onlineshops immer häufiger genutzt werden. Selbst lokale Bauernhöfe und Tante-Emma-Läden nutzen Online-Dienste, um ihre Produkte parallel zum stationären Handel zu vertreiben. Wenn sogar die kleinsten Geschäfte zunehmend in die digitale Sphäre wandern, dürfte dies ein solides Zeichen dafür sein, dass die Zukunft des Einkaufens nur noch in der virtuellen Welt stattfinden könnte. Doch ausgerechnet ein Online-Gigant hat dem etwas entgegenzusetzen. Richtig, Amazon hat nicht nur eines, sondern gleich mehrere Konzepte für stationäre Läden vorgestellt – und bereits erste Geschäfte eröffnet.

Die Digitalisierung hat inzwischen fast jeden Lebensbereich erfasst, sei es nun in der Bildung, in der Industrie oder beim Konsum. Aber nirgends scheint das Spannungsfeld zwischen realer und digitaler Welt so spürbar zu sein wie im Einzelhandel. Um dessen Zukunft stand es bereits vor den Pandemiejahren nicht so gut, da Onlineshops den stationären Geschäften immer mehr Anteile abgenommen hatten. Das angespannte Verhältnis wurde schlussendlich durch die Covid-19-Pandemie nochmals verstärkt. Während Ladenschliessungen und Umsatzeinbrüche den Detailhandel in dieser Zeit in die Knie zwangen, konnten die Online-Riesen Rekordwerte erreichen.

 

Umsatz des Onlinehandels in der Schweiz

Umsatz des Onlinehandels in der Schweiz


Quelle: Statista

Die jährlichen Umsatzzahlen des Schweizer Online- und Versandhandels verdeutlichen, wie stark der E-Commerce-Bereich in wenigen Jahren gewachsen ist. Spannend ist, dass die Werte nach dem grossen Sprung im Pandemiejahr 2020 weiterhin konstant gestiegen sind, obwohl ein Grossteil der Einschränkungen aufgehoben wurde. Das bisherige Wachstum könnte darauf hindeuten, dass das volle Potential von E-Commerce noch nicht erreicht wurde. Bedeutet dies wiederum, dass physische Geschäfte künftig ganz und gar von Onlineshops abgelöst werden könnten? Die Pläne von Amazon lassen Anderes vermuten. «Amazon Go», «Amazon Fresh» und «Amazon Style» heissen die Projekte des Online-Riesen, welche das Beste aus beiden Welten bieten sollen.

Amazon Fresh: Einkaufen ohne Portemonnaie

In den USA nennen sie sich «Amazon Go», im Vereinigten Königreich «Amazon Fresh» – hierbei handelt es sich um physische «Convenience Stores» des Online-Giganten, welche Lebensmittel sowie weitere Produkte für den täglichen Bedarf anbieten. Doch im Gegensatz zu anderen Geschäften gibt es in den Amazon Fresh-Filialen keine Kassen oder entsprechendes Personal. Das Einkaufserlebnis? Reduziert aufs Wesentliche. Bei Amazon Fresh betritt man die Einkaufsfläche, nimmt die gewünschten Artikel aus dem Regal und verlässt danach den Laden. Der Check-Out geschieht automatisch.

An sich ist der Einkauf ohne Schnittstelle mit Angestellten keine Innovation. Das Self-Checkout wird im Einzelhandel bereits in verschiedenen Formen angeboten, doch im Gegensatz zum Modell von Amazon gibt es meist eine Kasse oder eine Station, an der man bezahlen muss. Im Amazon Fresh-Shop hingegen wird alles über das Amazon-Konto und die Amazon-App abgewickelt. Um die Ladenfläche betreten zu dürfen, muss zunächst ein QR-Code aus der App gescannt werden. Im Geschäft stellen Künstliche Intelligenz sowie Daten von mehreren Sensoren und Kameras sicher, dass die Waren, die der Kunde aus dem Regal nimmt, direkt in den digitalen Warenkorb der App wandern. Sobald die Person den Laden verlässt, wird der Einkauf schliesslich über das Amazon-Konto abgebucht.

Amazon Style: Wie Onlineshopping im echten Leben

Im Frühling 2022 eröffnete Amazon sein erstes Bekleidungsgeschäft in Kalifornien. Wie auch beim Lebensmittel-Pendant, bietet «Amazon Style» diverse Möglichkeiten, welche es in anderen Modegeschäften so nicht gibt. Normalerweise gehört es zum Einkaufserlebnis, die gewünschten Kleider auszusuchen, von der Kleiderstange zu nehmen und in die Kabine zu tragen. Bei «Amazon Style» hingegen ist jedes ausgestellte Kleidungsstück mit einem Code versehen, welchen man mit der dazugehörigen Amazon-App scannen kann. Die Suche nach der passenden Grösse bleibt erspart, da Amazon diese schon von den bisherigen Online-Einkäufen kennt.

Mit sich herumtragen muss man im Amazon Style-Store nur das Smartphone mit der App. Die ausgewählten Kleidungsstücke werden automatisch in die Kabine geschickt – gemeinsam mit anderen passenden Teilen, welche algorithmisch ausgesucht werden. In der Umkleide geht das Shopping-Erlebnis aus der Zukunft weiter. Dort kann die Kundschaft auf einem Touchscreen die anprobierten Kleidungsstücke bewerten und weitere Teile sowie Grössen anfordern, welche innerhalb von wenigen Minuten die Kabine erreichen. Innovativ ist auch der Bezahlvorgang, der mit einem simplen Händewinken abgewickelt wird. Bargeld und Karte sind bei Amazon Style absolut überflüssig.

Einmaliges Experiment oder künftige Realität?

Im Zuge der Covid-19-Pandemie und den damit einhergehenden Einschränkungen haben viele Läden damit begonnen, ihre Waren auch online zu vertreiben. Sei es nun über einen Onlineshop, Soziale Medien oder andere digitale Wege, um die Kundschaft auch in dieser Zeit zu erreichen. Dass stationäre Geschäfte zunehmend online präsent sind, hängt allerdings nicht nur mit der Pandemie zusammen: «Hybrid Shopping» lautet das Stichwort. Heutzutage ist es so einfach wie noch nie, einen Onlineshop zu erstellen. Dieses Format punktet mit Effizienz und Bequemlichkeit beim Einkaufen und reduziert die Abhängigkeit zu einem physischen Standort. Für stationäre Geschäfte bietet es sich somit an, nebenbei einen Onlinestore zu führen, um nicht nur mehr Menschen zu erreichen, sondern auch eine bestimmte Zielgruppe, die vorwiegend in der digitalen Welt unterwegs ist.

Online-Riesen wie Amazon und Zalando, welcher bereits einige Filialen in Deutschland führt, dürften ebenfalls erkannt haben, dass Onlineshops viele, aber nicht alle Kundenbedürfnisse decken können. Entgegen der Erwartung vieler scheint die junge, digitalaffine Generation nicht vollends auf den Einzelhandel verzichten zu wollen. Laut einer Studie vom Kearney Consumer Institute (KCI) (nur auf Englisch) empfinden 74 Prozent der Gen Z-Konsumenten ein «kuratiertes Shoppingerlebnis im Geschäft mit Schwerpunkt auf einer begrenzten Anzahl an Produkten» als besonders ansprechend. Für diese Gruppe ist «In-Store Shopping» eine Tätigkeit, mit welcher sie von der digitalen Welt «abschalten» können. Da Onlineshops solch ein Erlebnis nicht bieten können, suchen E-Commerce-Anbieter nach neuen Touchpoints mit der jungen Kundschaft – und diese dürften wohl im Einzelhandel liegen.

Für «Hybrid Shopping» braucht es beides

Der Online-Riese Amazon verdeutlicht mit seinen stationären Läden, dass der Einzelhandel und E-Commerce keine Konkurrenten sein müssen. Amazon Fresh und Amazon Style stehen für ein «Hybrid Shopping»-Konzept, in welchem sich die zwei Welten ergänzen sollen: Die persönliche Kundenbetreuung in physischen Geschäften wird mit der fortschrittlichen Technologie von Onlinestores verbunden. Solche Mischformen aus Onlineshops und dem Einzelhandel gelten als Antwort auf das Konsumentenverhalten, welches sich in den letzten Jahren stark verändert hatte. Obwohl sich viele Menschen an die Bequemlichkeit von Onlineshops gewohnt haben, sehnt sich insbesondere die junge Generation nach der Exklusivität in stationären Geschäften. Daher sind E-Commerce, aber auch der Einzelhandel wichtige Komponenten einer möglichen Zukunft, in der «Hybrid Shopping» schon bald zum Alltag gehören könnte.

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