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Wie löscht Kalifornien seinen gigantischen Durst?

Volt News
21.03.2022 Lesezeit: 4 Minute(n)
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Im trockenen Kalifornien ist Wasser seit jeher ein kostbares Gut. Dank einer ausgeklügelten Wasserinfrastruktur gelang trotzdem der Aufstieg zur wirtschaftlichen Grossmacht, die nebst Big Tech auch Big Grapes exportiert. Der Klimawandel verschärft allerdings die Wasserkrise und setzt die Landwirtschaft unter Druck. Milliarden von US-Dollar Investitionen sind nötig, um zukünftig die Wasserversorgung zu sichern. Eine Debatte ist entbrannt, mit welchen Mitteln dieses Ziel erreicht werden soll.

Kalifornien ist ein Paradebeispiel dafür, wie der menschliche Erfindergeist sich die Natur zunutze macht und die Grenzen verschiebt. 1840 schrieb ein amerikanischer Offizier, das trockene Land sei nicht geeignet, viele Menschen zu ernähren. Heute leben fast 40 Millionen Einwohner in Kalifornien und treiben den stärksten Wirtschaftsmotor der USA an. Viel liest man in unseren Breitengraden von den Tech-Überfliegern aus dem Silicon Valley. Weniger bekannt ist die Tatsache, dass Kaliforniens Landwirtschaft landesweit eine immense Bedeutung hat. Rund 50 Milliarden US-Dollar Umsatz erzeugt der Bundesstaat mit seinen Lebensmitteln und steuert damit 13.5 Prozent zum Total in den USA bei. Milchprodukte, Trauben und Mandeln gehören dabei zu den populärsten Lebensmitteln aus dem Golden State. Das Herz der Landwirtschaft formt das Central Valley. Ein langes Tal, das sich über 600 Kilometer erstreckt und rund 80 Kilometer breit ist.

Aufstieg dank Wasserinfrastruktur. Kommt jetzt der Fall?

Nur mit Hilfe von Geo-Engineering gelangte die rasante Steigerung der Lebensqualität und die Bevölkerungsexplosion. Über Generationen hinweg wurde ein komplexes Netz aufgebaut von Stauseen und Dämmen, von Aquädukten, Tunneln und Kanälen, von Pumpstationen und Kläranlagen. Sie dienen der Gewinnung, Speicherung und Bereitstellung von Wasser. Das Wasserschloss «Sierra Nevada», spanisch für verschneiter Gebirgszug, birgt einen grossen Teil des blauen Goldes. Dieses wird unter anderem über Hunderte von Kilometer langen Aquädukten in die grossen Küstenstädte San Francisco und Los Angeles und landwirtschaftlichen Gebiete des Central Valley geführt.

Allerdings weist diese Erfolgsgeschichte dunkle Flecken auf. Es herrschen immer noch Zustände wie im Wilden Westen, wenn es um das Grundwasser geht. Die Nutzung ist kaum reguliert. Manche Farmer pumpen Tausende Liter am Tag allein mit einer Pumpe ab. Die Folge davon: Einige Regionen sind schon um einige Meter abgesunken. Zudem befinden sich einige Dämme in einem kritischen Zustand und müssen saniert werden. Unbestritten ist auch, dass die Bevölkerungsexplosion die Wasserknappheit verschärft hat. Allein zwischen 2010 und 2020 wuchs die Einwohnerzahl um 10 Prozent. Gewachsen ist auch die Nachfrage bei der Industrie und Landwirtschaft. 80 Prozent des insgesamt verfügbaren Wassers nehmen die über 80 000 Farmer in Anspruch.

Wasser für Reisanbau nutzen oder das Wasser verkaufen?

Trockene Sommermonate sind in Kalifornien die Regel. Allerdings hat sich die Situation in den letzten Jahren verschärft aufgrund des Klimawandels mit länger andauernden Perioden und Temperaturen über 50 Grad. Am 19. Oktober 2021 erklärte Gouverneur Newsom den gesamten Bundesstaat Kalifornien zum Dürrenotstand. Am 18. November 2021 verhängte die San Jose Water Company als Reaktion auf die extreme Dürre eine Wasserrationierung für über eine Million Kunden mit strengen Geldstrafen für Verstösse.

Index für Schweregrad und Ausdehnung der Dürre

 

Der steigende Wert des Wassers treibt seltsame Blüten laut der New York Times. In normalen Zeiten lassen Winterregen und die Schneeschmelze in den Bergen der Sierra Nevada im Frühjahr den Sacramento River anschwellen. Der Fluss nährt den wichtigsten Reisgürtel des Landes, wo auch Sushi-Reis angebaut wird. Etwa 40 Prozent werden sogar nach Asien exportiert. Im Jahre 2021 fiel weniger Schnee und auch die Stauseen und Flüssen führten weniger Wasser, die letztlich die Felder bewässern und 39 Millionen Kalifornier mit Trinkwasser versorgen.

Die Krise stellt die Reisbauern im Sacramento Valley, das den nördlichen Teil des Central Valley bildet, vor eine schwierige Entscheidung: Mit dem Wasser Reis anbauen oder sich die Mühe sparen und stattdessen das Wasser zu verkaufen? Manch ein Reisbauer hat sich dafür entschieden, fast das gesamte Wasser zu verkaufen.

Hitzige Debatte um «More Water Initiative»

Kalifornien steckt in einer Wasserversorgungskrise, die sich verschärfen wird. Darüber sind sich alle einige. Die Meinungen gehen auseinander, wie man diese in den Griff bekommen soll. Riesige, staatliche Investitionen fordert das Komitee hinter der «More Water Initiative».  Die kalifornische Regierung soll jährlich zwei Prozent des Budgets in die Erneuerung und Modernisierung der Wasserinfrastruktur investieren. Das wären ungefähr 50 Milliarden US-Dollar in den nächsten 10 Jahren. Scharf dagegen geschossen hat der Journalist Michael Hiltzik in der L.A.-Times. Der Pulitzer-Preisträger wirft den Initianten vor, sie würden dem Staatshaushalt dauerhaften Schaden zufügen. Es wäre ein Zwang für Steuerzahler für ökologisch destruktive und völlig unwirtschaftliche Staudämme, Stauseen und Entsalzungsanlagen zu bezahlen. Hiltzik schlägt eine andere Lösung vor und behauptet aufgrund einer Studie, man könnte den Wasserverbrauch in der Landwirtschaft um 22 Prozent senken, wenn man die Effizienz erhöht.

Die Befürworter der Initiative rechnen die Lösung vor

Die Verantwortlichen der Initiative entgegnen, die Zeit hat die acht Jahre alte von Hiltzik zitierte Studie bereits eingeholt. Kaliforniens Landwirte würden bereits einige der wassereffizientesten Techniken überhaupt einsetzen. Sie rechnen vor, wie sie die 5 Mio. Acre-foot Wasser (1 Acre-foot deckt den jährlichen Wasserbedarf von 1 bis 2 Haushalten) durch neue Wasserprojekte finanzieren wollen. Einerseits wollen sie den Wasserverbrauch senken mit neuen Naturschutzprojekten. Sie erhoffen sich damit Einsparungen von 1 Mio. Acre-foot Wasser. Wie die restlichen 4 Mio. Acre-foot Wasser pro Jahr wiedergewonnen werden sollen? "Aus den Steinen pressen lässt sich das Wasser nicht", kommentierte Hiltzig sarkastisch. Die vorgeschlagene Lösung: Mit Hilfe von Investitionen in Abwasser-Recycling sollen zwei Mio. Acre-foot Wasser gewonnen werden. Um das Endziel zu erreichen, sind neue Stauseen, Entsalzungsanlagen und unterirdische Grundwasserleitungen geplant. Zusätzliches Wasser könnten Off-Stream-Reservoirs speichern, die in der Nähe von Flüssen liegen und mit einer Pipeline verbunden sind. Es wird abgezwackt, wenn der Fluss zum Beispiel bei starkem Regen zu überschwemmen droht.    

Milliardenschwere Investitionen in den USA

Eine Million Unterschriften müssen gesammelt werden, bevor die «More Water Initiative» von den Gesetzesgebern geprüft wird. Ob dies zustande kommt, ist unklar, aber eines steht fest: Die Investitionen in Wassertechnologien und in die Wasserinfrastruktur wird in Kalifornien und den anderen 49 Bundesstaaten steigen. Der Senat hat letztes Jahr sein grünes Licht gegeben und 55 Mia. US-Dollar bewilligt. Das ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Schätzungen gehen davon aus, dass 50 Mia. US-Dollar pro Jahr in den nächsten 20 Jahren nötig sein werden, um die Wasserinfrastruktur zu erneuern und auszubauen. Ebenfalls wird die Nachfrage nach Produkten und Dienstleistungen von zahlreichen Unternehmen zunehmen, die einen Beitrag zu einer sicheren Wasserversorgung leisten. Vontobel Volt-Investoren haben die Möglichkeit, an diesen Unternehmen zu partizipieren, die verschiedene Bereiche abdecken: von Lösungen für Wiederaufbereitung von Abwasser, Wasserbewässerungssystemen bis hin zu intelligenten Messgeräten, die den Wasserverbrauch überprüfen und steuern.

Risiken von Investitionen in Finanzmärkte

Investitionen in spezielle Themen auf den internationalen Finanzmärkten sind mit Risiken ver-bunden. Kurs, Wert und Ertrag einer Anlage, insbesondere in ein spezielles Thema und grenz-überschreitend, hängen u.a. von der wirtschaftlichen Entwicklung, der globalen Beachtung des Themas an den internationalen Finanzmärkten und dem Kurs der zugrundeliegenden Wertpapiere ab.