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Kreislaufwirtschaft: Weshalb Recycling allein nicht genügt

Volt News
12.07.2022 Lesezeit: 5 Minute(n)
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  • Die Kreislaufwirtschaft wird als Lösung für unsere Wegwerfkultur angepriesen, da hierbei Ressourcen in einem geschlossenen Kreislauf ohne Entsorgung und Wiederaufbereitung wiederverwendet werden.
  • Der Druck nach Pionieren der Kreislaufwirtschaft steigt, weil Recycling keine nachhaltige Lösung darstellt.
  • Investoren haben diverse Möglichkeiten zur Teilhabe an Unternehmen, welche diese Art des Wirtschaftens umsetzen.

 

Rohstoffe abbauen, Produkte herstellen, verkaufen und am Schluss wegwerfen — die lineare Wirtschaft belastet den Planeten über Gebühr. Das Recycling stösst ebenfalls an seine Grenzen, Kunststoff im Besonderen entpuppt sich als Sorgenkind. Die Hoffnungen für ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum liegen nun in der Kreislaufwirtschaft.

Ein Planet voller Abfallberge

Die Welt erzeugt jährlich rund 2 Milliarden Tonnen Siedlungsabfälle. Dazu zählt Müll, das aus Haushalten, öffentlichen Verwaltungen und kleineren Unternehmen stammt. Die Weltbank schätzt, sehr konservativ, dass mindestens ein Drittel nicht umweltverträglich entsorgt wird. Fast die Hälfte des weltweiten Abfalls geht zulasten von Kunststoff. Besonders bildhaft führt uns dies die alarmierende Situation in den Weltmeeren vor Augen: 5 bis 14 Millionen Tonnen Plastik gelangen jährlich dorthin. Der weitaus grösste Teil wird achtlos weggeworfen – und das nicht nur am Strand, sondern auch auf dem Land, wo das Plastik über Flüsse ins Meer gespült wird.

Wir verbrauchen das 1.7-fache der Erde

Der von Menschenhand ausgeübte Druck auf natürliche Ressourcen ist beträchtlich. Die neuesten Ergebnisse von National Footprint Accounts zeigen, dass die Menschheit gegenwärtig 1.7 Erden verbraucht. Was bedeutet das? Von der Abholzung der Regenwälder bis zum Wasserverbrauch: Wir nutzen die Natur derzeit 1.7 Mal schneller, als sich die Ökosysteme unseres Planeten regenerieren können.

Die Umsetzung der Kreislaufwirtschaft wird für der Erhaltung unseres Planeten also immer wichtiger. Dieses beschränkt sich dabei nicht nur auf die Ablösung der aktuellen Wegwerfkultur von Konsumgütern, oder deren Transport- und Verpackungsmethoden. Unternehmen sollen bei der gesamten Wertschöpfungskette Emissionen reduzieren. Hierzu nutzen sie Cleantech.

Der Einsatz sauberer Technologien ist zwar notwendig, erfordert aber umso mehr ein Kreislaufkonzepts, das flächendeckend grefit. Denn Cleantech, oder saubere Technologien, beruhen oftmals auf Energie durch Solarzellen und Wind, oder nutzen knappe Rohstoffe wie Lithium und Silizium: Solche Rohstoffe sind jedoch zu wertvoll, um verschwenderisch mit ihnen umzugehen. Damit diese längerfristig erhalten bleiben, und Unternehmen auch saubere Technologien nachhaltig nutzen können, ist eine Abkehr von der linearen Wirtschaft auch bei der Energieerzeugung notwendig – und somit auch die Umsetzung der Kreislaufwirtschaft.

Was ist die Kreislaufwirtschaft?

Die Kreislaufwirtschaft wird oft als die Lösung für unsere Wegwerfkultur und einen effizienten Umgang mit Ressourcen angepriesen – aus gutem Grund: Der Definition nach ist die Kreislaufwirtschaft ein Wirtschaftssystem, in dem Ressourcen in einem geschlossenen Kreislauf möglichst lange genutzt und wiederverwendet werden, anstatt dass sie weggeworfen oder verbrannt werden. Als Vorbild dient die Natur, die in Kreisläufen funktioniert: Alles wird wiederverwertet, nichts ist überflüssig. So entstehen zum Beispiel aus heruntergefallenem Laub Nährstoffe für neues Pflanzenwachstum.

Das Entscheidende ist, dass Unternehmen bereits am Anfang des Produktlebenszyklus darüber nachdenken, wie ein Gut und dessen Einzelteile sich möglichst lange im Kreislauf bewegen. Wie lässt sich das Produkt so designen, dass eine einfache Reparatur und Trennbarkeit der Einzelteile gewährleistet ist? Welche Materialien weisen eine hohe Rezyklierfähigkeit auf?

Vorteile für die Umwelt und Unternehmen

Dieser Ansatz schont allerdings nicht nur die Umwelt, sondern bietet auch eine Reihe von Vorteilen für Unternehmen. Wenn diese beispielsweise auf recycelte Materialien umsteigen, können sie die Kosten für neue Materialien einsparen. Darüber sind Kreislaufverfahren wie die Reparatur gute Gelegenheiten für Unternehmen, um neue Umsatzströme zu erschliessen. Die verbesserte Umweltbilanz aufgrund der Einführung des Kreislaufmodells lässt auch das Ansehen bei den Verbrauchern steigen, die zunehmend auf Nachhaltigkeit bedacht sind

Was ist Recycling und welche Nachteile hat es?

Unter Recycling wird die Rückgewinnung von Materialien aus gebrauchten Produkten zur Herstellung neuer Produkte verstanden. Bei diesem Prozess wird der Müll normalerweise Stück für Stück zerkleinert oder eingeschmolzen. Der daraus entstehende Wertstoff, auch Sekundärrohrstoff genannt, kann anschliessend für Plastikverpackungen wiederverwendet werden.

Recycling wird zu Recht als Massnahme zur Abfallvermeidung und zum Schutz der Umwelt angepriesen, hat aber auch seine Schattenseiten. Die Wiederverwertung von vielen recycelter Gegenstände wie Glas- und Plastikflaschen erfordert Energie und verbraucht Wasser. Zum Teil mehr, als wenn man die Produkte von Grund auf herstellen würde. Werden recycelte Materialien nicht ordnungsgemäss sortiert oder gereinigt, besteht die Gefahr, dass sie auf der Mülldeponie landen. Trotz dieser Probleme trägt das Recycling zu einem schonenderen Umgang mit begrenzten Ressourcen bei. 

Rezykliertes Material in der EU

Diese Grafik zeigt den prozentualen Anteil des recycelten und in die Wirtschaft zurück geführten Materials am gesamten Materialverbrauch in der EU und den einzelnen Mitgliedstaaten.

Rate der Nutzung von Kreislaufmaterialien

 

Plastik-Recycling stösst schnell an Grenzen

Die kritischen Stimmen gegenüber dem Recycling von Kunststoff mehren sich. Denn das Problem fängt bereits beim Material an: Es gibt tausende von verschiedenen Kunststoffarten, welche sich nicht effizient trennen lassen. So lag laut Beyond Plastics, einer Umweltorganisation des Bennington College in Vermont, USA, die Recyclingquote in den USA im Jahr 2021 bei nur 5 Prozent.

Plastik kann zudem giftige Zusatzstoffe enthalten und Chemikalien absorbieren. Ausserdem kostet recycelter Kunststoff mehr als neuer, da das Sammeln, Sortieren, Transportieren und Wiederaufbereiten von Kunststoffabfällen teuer sind. Bei anderen Stoffen anerkennen die beiden Experten, dass Recycling ein effektiver Weg ist, um natürliche Materialressourcen zurückzugewinnen: So beträgt die Recyclingrate von Papier in den USA rund 70 Prozent.

Ein Verpackungshersteller verinnerlicht die Kreislaufwirtschaft

Beispiel für einen der weltweit führenden Hersteller von papierbasierten Verpackungslösungen und Teil des volt Anlagebausteins «Cleantech» (Stand 9. Juni 2022) ist Smurfit Kappa. Das irische Unternehmen stellt Grundsätze der Kreislaufwirtschaft in den Mittelpunkt seiner Tätigkeit. Es produziert Verpackungen aus recycelten (sekundären) und primären Rohstoffen und übt damit einen entscheidenden Einfluss auf die Wertschöpfungskette von verpackten Gütern aus. Das Unternehmen demonstriert sein Engagement für die Kreislaufwirtschaft, indem es zu 100 Prozent erneuerbare, nachhaltige Primärrohstoffe für die Herstellung von Verpackungen verwendet. Und 75 Prozent davon, also 6.2 Millionen Tonnen, bestehen aus recycelten Fasern.

Die Nachfrage nach nachhaltigen Verpackungen dürfte langfristig steigen. Papierbasierte Lösungen sind zwar immer noch teurer als Kunststoff, aber regulatorische Massnahmen könnten den ökonomischen Aspekt relativieren. So hat die EU eine Steuer von 800 Euro pro Tonne auf nicht recycelte Kunststoffverpackungen eingeführt, was einen Anreiz für Unternehmen darstellen könnte, auf andere Materialien umzusteigen. Überdies ermutigt Smurfit Kappa, trotz des Preises auf nachhaltige Verpackungen umzusteigen.

Fazit: Die Kreislaufwirtschaft wird wachsen

Die Kreislaufwirtschaft in einem Unternehmen einzuführen, ist kein leichtes Unterfangen. Sie erfordert eine systemische Betrachtung des Produktelebenszyklus und eine langfristige Planung. Noch dominiert die lineare Wirtschaft. Gemäss einem Artikel von «Die Volkswirtschaft» gelangen nur knapp 12 Prozent der Sekundärmaterialien und -ressourcen wieder in die Wirtschaft zurück. Im Jahr 2020 wurde ein Aktionsplan für eine Kreislaufwirtschaft verabschiedet, mit welchem die Europäische Kommission den Paradigmenwechsel fördert. In der EU in Verkehr gebrachte Produkte sollen so gestaltet sein, dass sie über eine längere Lebensdauer verfügen, leichter wiederverwendet, repariert und recycelt werden können und den grösstmöglichen Anteil rezyklierter Materialien enthalten. Zudem soll die Verwendung von Einwegprodukten eingeschränkt werden, damit die Erholung der Umwelt längerfristig sichergestellt werden kann.

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